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Digitalisierung gegen Zeitfresser in der Verwaltung eines Gastronomiebetriebs

Eine Erfolgsgeschichte, erzählt von Jens Hennig, Inhaber des Ratskeller Freiberg

Auslöser

Ich betreibe in Freiberg vier Restaurants mit insgesamt knapp 50 Beschäftigten, was aufgrund der Bürokratie einen recht hohen Verwaltungsaufwand verursacht. Dabei decken wir die Verwaltung in der Familie ab. Als ich den Betrieb 2014 von meinem Vorgänger übernahm, waren fast alle internen Prozesse analog organisiert. Es gab für alles einen Zettel, ausgedruckte Arbeitsanweisungen, selbst die Bestellungen wurden per Telefon vorgenommen. In meiner vorherigen Tätigkeit im Außendienst hatte ich schon mit Systemen wie SAP zu tun und erkannte deswegen schnell, dass wir vieles grundlegend anders organisieren müssen. Anfangs wollte ich viele Dinge in meiner eigenen Hand haben und selbst erledigen, und so hätte ich 15 bis 20 Stunden täglich arbeiten können und trotzdem nicht alles geschafft.

Bestellungen, Dienstpläne, Zeiterfassung, Kasseneinzahlungen, Abrechnung, Lohnabrechnung – alles wurde manuell erledigt und kontrolliert und ist über meinen Tisch gelaufen. Das war so viel, dass ich irgendwann gesagt habe: So kann es nicht weitergehen. Als gelernter Industriekaufmann und studierter Betriebswirt fragte ich mich: Was sind die Zeitfresser, die für meine Position im Unternehmen die Zeit binden? Mein Zeitfresser Nr. 1: Ablage machen und Dinge wiederfinden. Ich setzte mich mit der Stoppuhr hin und ermittelte, wie lange ich für bestimmte Dinge brauche und rechnete wiederkehrende Tätigkeiten auf meine Arbeitszeit hoch. Dabei stellte ich fest, dass ich sehr viel Zeit damit verbrachte, Dinge auszuwerten, mir Daten zu beschaffen, die Daten so aufzubereiten, dass sie aussagekräftig sind. Viele unserer Prozesse waren analog einfach total umständlich.

Der Schlüssel zum Erfolg

Unser Steuerbüro arbeitet mit der DATEV zusammen und daraus ergeben sich für uns viele Möglichkeiten im Hinblick auf die Digitalisierung. Im ersten Schritt haben wir unser Buchhaltungsprogramm auf einen Server ausgelagert, wobei dort eine digitale Belegablage angegliedert ist. Wir haben in diesem Zuge alle unsere analogen Ablagen digitalisieren lassen und haben diese verschlagwortet und digital abgelegt. Während ich früher Stunden damit zugebracht habe, in Vorbereitung auf ein Gespräch beispielsweise bestimmte Verträge herauszusuchen, finde ich diese heute innerhalb von wenigen Sekunden anhand der Schlagwörter.

In den letzten sieben Jahren haben wir unsere Buchhaltung komplett digitalisiert. Wir haben eine separate Rechnungs-E-Mail-Adresse angelegt, an die die Zulieferer alle Rechnungen schicken. Über eine zwischengeschaltete Plattform landet jede Rechnung, die wir per Mail bekommen, automatisch im Buchhaltungsprogramm und kann von dort aus direkt weiterbearbeitet werden. So konnten wir auch einige Fehlerquellen, die sich aus den vielen analogen Schritten zwischendurch gespeist haben, eliminieren. Dank der OCR-Erkennung werden viele Daten aus den digitalen Rechnungen schon vorerfasst bzw. als Vorschläge in das System übernommen, was die Arbeit extrem erleichtert und Zeit spart. So muss vielleicht noch eine Kostenstelle und die Art der Lieferung und Leistung eingetragen werden, aber keine Rechnungs- und Kundennummer.

Die Rechnungen vieler verschiedener Lieferanten sammeln wir mit der Plattform GetMyInvoices ein. Man meldet sich einmal mit seinen Zugangsdaten an und daraufhin werden die Rechnungen verschiedener Anbieter, z. B. vom Telekommunikationsanbieter, automatisiert abgeholt und ins Buchhaltungsprogramm übertragen, wo man sie noch einmal mit dem Lieferschein vergleichen und direkt zur Zahlung freigeben kann, alles in einem Portal. Ein weiteres Beispiel sind die Lohnabrechnungen der Beschäftigten. Früher benötigte ich jeden Monat zweieinhalb bis vier Stunden Zeit, um die Unterlagen zu sichten, auszudrucken und in Umschläge zu verpacken, heute funktioniert das automatisiert. Die Abrechnungen werden den Mitarbeitenden auf Knopfdruck in einem Portal zur Verfügung gestellt. Diese zusätzliche Funktion kostet nur wenige Euro monatlich. Das lohnt sich echt, wenn ich meine Arbeitszeit dagegen rechne.

Wir haben die Schließzeiten während der Pandemie genutzt, um zu prüfen, welche Prozesse wir noch digitalisieren könnten. Als Gastronomiebetrieb sind wir ein sehr bargeldintensives Geschäft. Wir haben also kürzlich ein digitales Kassenbuch eingeführt. Nach dem Tagesabschluss eines Kellners an der Kasse werden alle buchhaltungstechnischen Daten an die digitale Plattform gesendet, die sie in das Kassenbuch einspeist. Dadurch können wir sofort automatisch abgleichen, ob Kassenbestand und Kassenbuch übereinstimmen.

Eine weitere Anwendung, die mir und meinen Beschäftigten viel Ärger erspart, sind Tankkarten mit automatisierter digitaler Abrechnung für unsere Firmenautos. Während ich früher oft jemandem hinterherlaufen musste, weil Tankbelege gefehlt haben, können nun keine Quittungen mehr verloren gehen.

„Haben Sie mehr Mut, Prozesse digital anzupacken und sich dafür Hilfe zu holen!“

Jens HennigInhaber, Ratskeller Freiberg

Aufwand

Zu Beginn der Digitalisierungsreise muss man zunächst einmal Zeit investieren. Viele kleine Unternehmen, in denen die Unternehmerpersönlichkeit sehr in das operative Geschäft eingebunden ist, werden Schwierigkeiten haben, das Thema Digitalisierung anzugehen, weil einfach die Zeit dafür fehlt. Trotzdem hat es mir sehr geholfen, damit zu beginnen, mir die Zeitfresser anzuschauen. Sich einmal die Zeit dafür nehmen, sich das anschauen und es angehen. Man muss sich trauen, Dinge zu verändern, um für sich selbst, seine Familie und seine Mitarbeiter mehr Freizeit zu schaffen, bei gleicher Produktivität und geringeren Kosten. Sonst kommt man aus diesem Hamsterrad nicht raus. Viele Unternehmer wären sicher bereit, 4.000 oder 5.000 Euro jährlich für die Digitalisierung auszugeben, wenn sie dafür mehr Zeit für sich und ihre Familie hätten, wenn sie nur wüssten, wie und wo sie anfangen sollen. Man schafft sich dadurch freie Zeit, um den Kopf freizukriegen und den Akku wieder aufzuladen.

Hilfreiches

Mir war es wichtig, die Digitalisierung behutsam anzugehen. Man darf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter damit nicht überfrachten. Dabei sollte man ihnen nahebringen, warum man etwas tut, was der Mehrwert dessen ist. Gerade die, die eine Veränderung unmittelbar betrifft, sollte man frühzeitig einbinden, um Ängste und Vorurteile abzubauen.

Auch die eigenen Vorlieben als Betriebsinhaber oder -inhaberin sollte man in den Blick nehmen und sich selbst die Frage stellen: Was sind meine Stärken und Schwächen in Sachen Digitalisierung? Was möchte ich an digitalen oder analogen Prozessen haben?

Holen Sie sich externe Unterstützung! Es gibt Förderprogramme über die Sächsische Aufbaubank SAB und sogar Firmen, die sich ausschließlich damit beschäftigen, Förderprogramme zu vermitteln, zu verwalten und die Anmeldung dafür zu übernehmen, wie die RKW Sachsen. Da kann man sich Hilfe suchen.

Lerneffekte

Rückblickend würde ich viel eher mit der Digitalisierung im Unternehmen anfangen. Mit dem Wissen was ich jetzt habe, kann ich empfehlen, sich im Vorfeld mit dem Digitalisierungsförderprogramm der SAB auseinanderzusetzen. Das heißt, wenn man identifiziert hat, was man digital machen will. Denn in unserem Beispiel hätten wir die Projekte, die wir als betrieblich notwendig angesehen und deshalb aus unserer eigenen Tasche bezahlt haben, aktuell auch zur Hälfte gefördert bekommen können. Dabei sollte man nicht zu klein denken: Nicht nur die Förderung für den Tablet-PC zur Zeiterfassung beantragen, sondern wirklich das große Ziel im Blick haben. Da gehört zum Beispiel auch die Schulung der Mitarbeitenden in den Systemkomponenten dazu – all diese Dinge sollte man berücksichtigen und dementsprechend den Förderantrag stellen.

Ratskeller Freiberg

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Jens Hennig[/ultimate_icon_list_item][ultimate_icon_list_item icon=“Defaults-home“ icon_color=“#ffffff“ icon_style=“square“ icon_color_bg=““ el_class=“best-practise-icon“]Adresse:
Obermarkt 16
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